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HAI-mliche Helden – Die wichtige Rolle der Haie für unsere Meere
Sofie Möhrle, Stipendiatin bei B-MINT
Eiskalte Killer! Monster der Meere! Für viele ist die Vorstellung, im Meer einem Hai zu begegnen, einer der schlimmsten Albträume. Wem schießt da nicht sofort das musikalische Thema aus Spielbergs Der weiße Hai durch den Kopf, wer sieht nicht die Rückenflosse im Wasser immer näherkommen?
Doch Haie werden ihrem schlechten Ruf nicht gerecht. Denn jährlich enden im Schnitt laut dem International Shark Attack File nur sechs Mensch-Hai-Begegnungen tödlich. Im Gegensatz dazu werden pro Jahr ungefähr 20 Personen allein in den USA vom Blitz erschlagen. Selbst beim Selfieknipsen ist die Wahrscheinlichkeit zu sterben höher. Außerdem ist es mit rücksichtsvollem Verhalten im Wasser sehr einfach, sich vor möglichen Angriffen zu schützen. Meistens geschehen nämlich Bisse nicht mutwillig, sondern aufgrund von Provokation und unvorsichtigem Verhalten.
Trotzdem ist ein gesunder Respekt wichtig, denn Haie sind evolutionär perfekt angepasste Räuber. Sie bewohnen schon seit knapp 400 Millionen Jahren unsere Weltmeere. Der erste Urzeithai dominierte die Unterwasserwelt bereits vor der Ära der Dinosaurier, und manche dieser Knorpelfischarten überlebten mehrere Massenaussterben. In dieser langen Zeit entwickelten Haie perfekte Adaptionen an ihren Lebensraum und einzigartige Jagdstrategien. Um einen möglichst hohen Jagderfolg zu gewährleisten, sind die uns Menschen geläufigen fünf Sinne bei den Haien noch besser ausgeprägt. Darüber hinaus besitzen sie das Seitenlinienorgan, mit dem sie kleinste Druckunterschiede im Wasser feststellen können und zur Wahrnehmung elektrischer Impulse die Lorenzinischen Ampullen.
Außerdem ist Hai nicht gleich Hai. Bisher sind uns ungefähr 500 Arten bekannt, und noch heute entdecken wir regelmäßig neue Spezies. Den ersten Platz unter den bekanntesten Haiarten belegt unangefochten der Weiße Hai mit seiner Schnelligkeit, seiner beeindruckenden Kraft und seinen messerscharfen Zähnen. Eine weitere Berühmtheit ist der Bullenhai, der sich sowohl in Salz- als auch in Süßwasser zuhause fühlt. Der Walhai ist mit bis zu 16 Meter Länge der größte Fisch im Meer und ein friedlicher Planktonfresser. Und wer kennt nicht den Hammerhai mit seiner unverkennbaren Kopfform, dem Cephalofoil, die es ihm ermöglicht, sich am Erdmagnetfeld zu orientieren und enge Kurven zu drehen.
Die unerschöpflich scheinende Diversität der Haie repräsentiert der Fuchshai sehr eindrucksvoll. Seine Schwanzflosse hat die gleiche Länge wie sein gesamter restlicher Körper und ist wie eine Peitsche einsetzbar, um damit Beute zu paralysieren. Oder schon mal davon gehört, dass Haie laufen können? Ein absoluter Spezialist auf diesem Gebiet ist der Epaulettenhai. Bei Ebbe kann er die Luft anhalten, sich auf seinen Flossen zwischen den Gezeitenbecken fortbewegen und in ihnen auf die Jagd gehen. In Staunen versetzen kann auch der Zwerg-Laternenhai, der mit knapp 20 Zentimetern zu den kleinsten Haien zählt. Wie die anderen Vertreter der Laternenhaie kann er mittels Photophoren leuchten. Haie lassen also keine Gelegenheit aus, um uns zu überraschen. Ihre Diversität ist erheblich umfangreicher, als das typische Bild aus den Spielfilmen zu vermitteln meint.
Doch was Haie vor allem so unabdingbar macht, ist ihre fundamentale Rolle für das Ökosystem Meer. Als Topprädatoren stehen sie an der Spitze der Nahrungskette und sorgen damit für ein Gleichgewicht der Lebewesen in ihrem Reich. Sie fressen unter anderem die schwachen und kranken Individuen, verhindern damit die Verbreitung von Krankheiten und halten Artengemeinschaften gesund. Ohne Haie in unseren Ozeanen könnte dieses sensible Gleichgewicht kippen, und Biologen befürchten dadurch ein Aussterben vieler mariner Arten. Gesunde Ökosysteme sind aber besonders wichtig, da unsere Meere durch stetige Kohlendioxidaufnahme einen gewaltigen Puffer für den Klimawandel darstellen. Außerdem produzieren Phytoplankton und Makroalgen die Hälfte unseres Sauerstoffs. Jeder zweite Atem, den wir nehmen, stammt aus dem Meer. Ohne Haie keine gesunden Ozeane – und damit buchstäblich zu wenig Luft zum Atmen für uns. Entsprechend deutlich sollte sein, wie wichtig gesunde Haipopulationen sind.
Jährlich werden schätzungsweise 100 Millionen Haie für ihr Fleisch, für ihre Flossen oder bei der Trophäenjagd getötet. Eine aktuelle, in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte Studie beweist einen Rückgang der weltweiten Haibestände um 70 Prozent entgegen den erwarteten Vorkommen. Laut anderer Quellen könnte es sich aktuell schon um eine Dezimierung von bis zu 90 Prozent handeln. Dabei hat der Konsum von Haiprodukten keinerlei Vorteile. Im Gegenteil, als Topprädatoren akkumulieren Haie Giftstoffe im Körper, weshalb ihr Fleisch gefährlich hohe Konzentrationen an Quecksilber und Blei enthält. Auch bei Produkten wie Kosmetika oder Medikamenten gibt es deutlich nachhaltigere Alternativen als die Verwendung von Haiknorpel oder Squalen, ein Öl, das aus ihrer Leber gewonnen wird. Leider ist bei vielen Produkten nicht direkt ersichtlich, dass diese stark gefährdeten Lebewesen für ihre Herstellung verwendet wurden.
Die grausamste und in der Haifischerei weit verbreitete Praktik ist das sogenannte Finning. Dabei werden den Haien die Flossen abgeschnitten, um diese teuer auf dem asiatischen Markt für Haifischflossensuppe zu verkaufen. Was von dem Tier übrig bleibt, wird lebend zurück ins Wasser geworfen, sodass der Hai zu Boden sinkt und elendig ersticken muss.
Doch was geht uns das an? Einige europäische Länder zählen zu den Top 10 mit ihren Haifischfangflotten weltweit und exportieren legal Unmengen an Haiprodukten. Diese barbarische Methode wird demnach direkt in unserer Nachbarschaft praktiziert.
Was können wir dagegen tun? In erster Linie ist es wichtig zu versuchen, sich bewusst zu machen, welche Produkte Hai beinhalten. Es gibt viele Websites, die erklären, unter welchen Namen versteckt Hai verkauft wird. Schillerlocke beispielsweise ist tatsächlich Dornhai. Wenn man Haiprodukte entdeckt, kann man diese melden, sodass Organisationen die oft unwissenden Verkäufer aufklären können. Außerdem hat Stop Finning EU eine EU-Initiative ins Leben gerufen, die dafür sorgen könnte, dass der Handel von Haifischflossen in der Europäischen Union verboten wird. Wenn diese Initiative ihr Stimmenziel erreicht, muss sie im EU-Parlament diskutiert werden. Und zu guter Letzt retten wir die Haie, indem wir mit unseren Mitmenschen ins Gespräch kommen. Wenn wir mehr Menschen für unsere Haie begeistern und von ihrer Wichtigkeit für den Planeten überzeugen, können wir uns gemeinsam für ihren Schutz einsetzen. Damit würden wir einen großen Beitrag zu ihrem Erhalt und ihrer Rettung leisten.
Foto: Gerald Nowak
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