#Wissenschaft #Wissenschaftskommunikation
Wissenschaftskommunikation an der Hamburg Research Academy – Ein Projekt für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Hamburg
Julia Panzer, Projektreferentin Wissenschaftskommunikation, Hamburg Research Academy
Corona und ein Aufschwung für #WissKomm
Würde ich mich nicht schon lange für gute Kommunikation aus Forschung und Wissenschaft begeistern, hätten spätestens die letzten Wochen und Monate mein Interesse entfacht. Das Thema Wissenschaftskommunikation hat, durch die Corona-Pandemie und die damit verbundene erhöhte Sichtbarkeit von Wissenschaftler*innen, immens an öffentlicher Wahrnehmung gewonnen. Selten wurde so viel über Wissenschaft und ihren gesellschaftlichen Nutzen gesprochen. Besonders der Ruf nach guter Wissenschaftskommunikation wurde immer lauter: „Die Stunde der Erklärer“ sei gekommen, schrieb Bundesbildungsministerin Karliczek in der FAZ, „Forschung: Klärt uns auf!“ bat ZEIT Campus.
Der über Wochen hinweg täglich erscheinende Podcast des Virologen Prof. Dr. Christian Drosten war und ist in aller Munde. Plötzlich lauschten Personen aus meinem persönlichen Umfeld, die sich vorher nicht sonderlich für Wissenschaft interessierten, stundenlang und mit Begeisterung Berichten über aktuelle Forschungsergebnisse. Der besagte Podcast zu den aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie wurde inzwischen über 15 Millionen Mal abgerufen und dürfte somit sicherlich schon jetzt zu den erfolgreichsten Podcasts des Frühjahrs zählen – auch über den Bereich der Wissenschaftskommunikation hinaus.
Auch die Chemikerin Dr. Mai Thi Ngyuen-Kim, die auf ihrem YouTube-Kanal „MaiLab“ regelmäßig wissenschaftliche Ergebnisse für ein breites Publikum aufbereitet, hat anlässlich der Pandemie zu einer umfangreichen Debatte über Wissenschaft und deren Vermittlung angeregt.
Beide, Drosten und Ngyuen-Kim, sind inzwischen mehrfach für ihre Kommunikation ausgezeichnet worden und aus der aktuellen Debatte zur Pandemie kaum noch wegzudenken. Ich persönlich erhoffe mir, dass diese beiden prominenten Beispiele noch viele weitere Wissenschaftler*innen zu einer aktiven Kommunikation ihrer Forschungsergebnisse ermutigen.
#WissKomm für die Gesellschaft
Interessant ist, dass in der aktuellen Diskussion über die Wissenschaft nicht nur über wissenschaftliche Ergebnisse und deren Auswirkungen auf politische Entscheidungen gesprochen wird. Es geht auch unmittelbar um die Art der Kommunikation von Wissenschaft und Forschung. Das betrifft Fragen nach Kommunikationswegen und -instrumenten, aber auch die Herstellung von Schnittstellen zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik und das bessere gegenseitige Verständnis.
Durch die globale Pandemie wird einmal mehr sichtbar, was auch im deutschsprachigen Raum schon länger diskutiert wird: Die verständliche und zielgruppengenaue Vermittlung von Forschungsergebnissen und -prozessen stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die „Black Box“ Wissenschaft maßgeblich. Dies hat auch das Wissenschaftsbarometer 2019 gezeigt. Hier wurde deutlich, dass das Vertrauen in Wissenschaft und Forschung zwar nach wie vor hoch ist, sich aber auch viele eine noch stärkere Einmischung in gesellschaftliche Debatten von den Wissenschaftler*innen wünschen (eine spannende Einschätzung von Prof. Dr. Antje Boetius findet sich hier.) Darüber hinaus befähigt gute Kommunikation auch über die Scientific Communitiy hinaus gesellschaftliche Akteur*innen, wie z. B. politische Institutionen, aktuelle Diskurse basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen voranzutreiben. 35 Jahre nach dem Beginn von PUSH („Public Understanding of Science and Humanities“) und vielen verwandten Initiativen wurde die Bedeutung von Wissenschaftskommunikation im letzten Jahr noch einmal durch ein Grundsatzpapier des BMBF gestärkt. Hier wird nicht nur die Wichtigkeit von Wissenschaftskommunikation unterstrichen, es geht auch um zukünftige Entwicklungen wie die #FactoryWissKomm, eine neue Denkwerkstatt zur Erarbeitung konkreter Leitlinien für Wissenschaftseinrichtungen und die Kommunikation ihrer Forschung, auf die man gespannt sein darf.
#WissKomm für die wissenschaftliche Karriere
Ich freue mich, dass die Begeisterung gerade unter jungen Wissenschaftler*innen steigt, sich auf neuem Wege mit der eigenen Forschung auseinanderzusetzen und ihre Arbeit auch an ein Publikum außerhalb der eigenen Scientific Community zu kommunizieren. Instrumente und Methoden der Wissenschaftskommunikation fallen dabei den wenigsten Forscher*innen einfach zu oder sind fest integrierter Teil der wissenschaftlichen Ausbildung. Sie können jedoch erlernt und trainiert werden. Gerade für Nachwuchswissenschaftler*innen tragen Kenntnisse der Wissenschaftskommunikation dazu bei, sich und die eigene Forschung (noch) sichtbarer zu machen und sich im Wissenschaftssystem zu verorten. Neben dem Aspekt der gesteigerten Aufmerksamkeit fördern diese Fähigkeiten auch in inter- und transdisziplinären Forschungsprojekten das gegenseitige Verständnis und sind somit für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit maßgeblich. Zunehmend erwarten auch die großen Forschungsförderer in Anträgen Konzepte für Kommunikation und Outreach. Die frühe Integra-tion von Wissenschaftskommunikation in die wissenschaftliche Qualifizierung ist also gleich aus mehreren Gründen sinnvoll.
#WissKomm für Hamburg: Projekt der Claussen-Simon-Stiftung und Hamburg Research Academy
An diesem Punkt setzt das an der Hamburg Research Academy (HRA) angesiedelte Projekt zur Wissenschaftskommunikation an, das von der Claussen-Simon-Stiftung initiiert wurde und gefördert wird. Unter dem Leitsatz „unterstützen, qualifizieren, vernetzen“ bietet die Hamburg Research Academy ein breites Serviceangebot zu Themen rund um die Promotions- und Postdoc-Phase für die Nachwuchswissenschaftler*innen von insgesamt neun Hamburger Hochschulen an. Seit einem Jahr wird das Programm um den Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation ergänzt. Das Projekt bietet dem wissenschaftlichen Nachwuchs in verschiedenen Workshops, Seminaren und Trainings die Möglichkeit, sich mit den vielfältigen Aspekten der Wissenschaftskommunikation zu beschäftigen und die erlernten Kenntnisse, Instrumente und Strategien praxisorientiert direkt anzuwenden.
#WissKomm Vernetzung
Die im Sommersemester gestarteten Angebote haben sich u. a. mit Fragen nach den richtigen Zielgruppen beschäftigt (Spoiler: es gibt viele). Oder ob Storytelling etwas für die Wissenschaft ist (kurze Antwort: ja).
Besonders gefreut hat uns, dass die Angebote gleich zu Beginn von Teilnehmerinnen unterschiedlicher Hochschulen wahrgenommen wurden. Die fächerübergreifende Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Hamburg ist ein besonderes Anliegen der Hamburg Research Academy und ist natürlich gerade beim Erlernen von neuen Kommunikationsstrategien hilfreich. Vernetzung soll auch über die Gruppe der Nachwuchwissenschaftler*innen hinaus zentrales Thema des Projektes sein. Wissenschaft und Gesellschaft in Hamburg werden im Rahmen des Projektes die Möglichkeit bekommen, sich noch stärker als bisher auszutauschen und an passenden Stellen zu vernetzen. Neben Workshops und Seminaren wollen wir Formate schaffen, in denen Erlerntes ausprobiert und praxisorientiert vertieft werden kann. Auf diese Formate freue ich mich übrigens ganz besonders! Podcasts zum Thema Wissenschafttskommunikation? Videowettbewerbe? Alles auch in Hamburg denkbar!
Ausblick: Wintersemester 2020/21
Für das kommende Wintersemester sind tolle Angebote (ab 1.9. auf hra-hamburg.de) in Planung. Wir sprechen z. B. mit Prof. Dr. Antje Boetius über Wissenschaftskommunikation (16.11. – save the date!), wobei aktuelle Herausforderungen für Kommunikation und For-schung sowie die Bedeutung für den wissenschaftlichen Nachwuchs im Fokus stehen. Es wird außerdem Workshops zum Präsentieren auf der virtuellen Bühne, zur visuellen Darstellung von Forschungsergebnissen und zu der Frage geben, ob Social Media eigentlich Fluch oder Segen für die Wissenschaft ist.
Wir freuen uns auf den Austausch und viel interessanten Input!
Bei Fragen rund um das Thema #WissKomm oder Vernetzungsbedarf stehe ich gerne zur Verfügung!
Auch auf Twitter: @hrahamburg und @panzerjulia
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