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Über Identitäten, Selbstbild und Plüsch: Ein künstlerisches Research-Projekt in der Wassermühle Trittau
Anne Reiter, stART.up-Stipendiatin, Textildesignerin
Haben Objekte eine Seele? Wie werden vermeintlich leblose Dinge mit Bedeutung aufgeladen und mit Emotionen verknüpft? Wie werden Nahrungsmittel inszeniert, wenn sie zum Beispiel in Discounter-Prospekten mit großer hässlicher Typografie versehen sind, die den stets niedrigsten Preis zeigt? Trost spenden, Geborgenheit bieten, Erinnerungen wecken – was ist es, was so viele Menschen oftmals ihr gesamtes Leben lang an ein Kuscheltier bindet, und warum ist das vielen so peinlich? Wie wird die DDR-Zeit im Westen erzählt? Was bleibt von den Geschichten von DDR-Gegenständen, dreißig Jahre nach der friedlichen Revolution, bestehen?
Dies sind nur einige Fragen, die wir acht Stipendiat:innen des stART.up-Jahrgangs 2020/21 an einem Research-Wochenende zum Thema Objektliebe bearbeitet haben. Vom 21. bis 23. Mai 2021 fand das interdisziplinäre Projekt „Get together“ in der Wassermühle in Trittau statt. Dank regelmäßiger Tests, Masken und verschiedener Arbeits- und Aufenthaltsräume konnten wir dieses Wochenende trotz Corona gemeinsam verbringen. Auf Spaziergängen und beim gemeinsamen Essen entwickelte sich ein guter und inspirierender Austausch, wir verbrachten gemeinsam ein produktives Wochenende.
Teilgenommen haben die Zeichnerin Xiyu Tomorrow, die Bildende Künstlerin Anne Reiter, die Pianistin Elisaveta Ilina, die Malerin Judith Kisner, die Filmemacherin Faezeh Nikoozad, der Fotograf Vedad Divović, die Filmregisseurin Lynn Oona Baur und die Theaterregisseurin Franziska Stuhr. Das Projekt schlossen wir mit einer Ausstellung am 30. Mai 2021 im Rahmen des Tages der Künstlerhäuser Norddeutschlands des NKN Netzwerks der Künstlerhäuser in Norddeutschland ab.
Der Leitbegriff von „Get together“ war An-und Abwesenheit. Mittels Sound, dem Umgang mit Objekten, Film und Fotografie erarbeiteten wir verschiedene Fragestellungen zum Phänomen der Objektliebe. So beschriftete Franziska Stuhr eine Rolle Kassenzettelpapier mit allen Objekten, die sie in den letzten 27 Jahren begleitet haben. Judith Kisner beschäftigte sich in ihren Malereien mit ihrer Liebe zu Löffeln. Auch interaktive Projekte fanden während des Wochenendes statt: Lynn Oona Baur befragte ihre Kolleg:innen nach ihren Kuscheltieren und drehte dazu kurze Filme. Gespräche über Identitäten, Selbstbild und Plüsch entsponnen sich. Anne Reiter brachte verschiedene DDR-Gegenstände mit und befragte Einzelpersonen nach ihren Assoziationen dazu. Es entwickelten sich Gespräche über den Osten heute, chinesische Schürzen, Familiengeschichten in der DDR und die Wende aus Perspektive eines iranischen Onkels in Göttingen. Aber auch ganz andere Formate entstanden an diesem Wochenende. So bot Elisaveta Ilina einstündige Sessions in der Alexander-Technik an: Im historischen Mühlenraum leitete sie die Teilnehmer:innen in entspannter Atmosphäre einzeln an und behandelte sie. Auch individuelles Arbeiten an den eigenen künstlerischen Projekten fand statt. So arbeitete Vedad Divović an seiner „FOOD“-Serie weiter auf Grundlage von Werbeanzeigen von Discountern. Faezeh Nikoozaad beschäftigte sich mit der biografisch-narrativen Ebene von Gegenständen und ging dem Verhältnis nach von im Exil lebenden Menschen zu Gegenständen, die sie besessen, aber in ihrem Heimatland gelassen haben. Die Zeichnerin Xiyu Tomorrow brachte ein Musikstück, das sie während des Aufenthalts in Trittau ununterbrochen hörte, zeichnerisch auf Papier.
Die Ergebnisse und Einblicke in unsere Arbeitsprozesse aus unseren verschiedenen Disziplinen und Fragestellungen flossen schließlich in einer Schaufensterausstellung am 30. Mai, dem Tag der Künstlerhäuser in Norddeutschland, zusammen, begleitet von einem umfangreichen digitalen Programm der Künstlerhäuser in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dr. Katharina Schlüter, Leiterin für Kunst & Kultur und Geschäftsführerin der Stiftungen der Sparkasse Holstein, interviewte uns zu unserer interdisziplinären Arbeit. Die Schaufensterausstellung besuchten sowohl Besucher:innen aus Trittau als auch geladene Gäste von der Claussen-Simon-Stiftung. Wir freuten uns sehr über den Besuch von Maria Eplinius, Bereichsleitung Dialog & Perspektive, und Dr. Jenny Svensson, Bereichsleitung Kunst & Kultur.
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