#Bildung #Coronazeit #waszählt!
Diplomatie via Zoom
Julika Stenzel und Lina Meyer vom Haus Rissen
Insgesamt 135 Jugendliche aus verschiedenen Hamburger Schulen eroberten virtuell das diplomatische Parkett. An zwei Terminen vertraten sie in simulierten Verhandlungen der Vereinten Nationen die Interessen verschiedenster Länder. So befassten sich im Menschenrechtsrat die Jugendlichen mit dem Thema Mädchenrechte und scheuten sich nicht, auch schwierige Themen wie Kinderehen und Schwangerschaftsabbrüche angeregt zu diskutieren.
Nicht minder kontrovers diskutierten die Delegierten des Wirtschafts- und Sozialrats die weltweite Umsetzung der Bildungspflicht und befassten sich unter anderem damit, ob es besser ist, für arbeitende Kinder eine Möglichkeit zum teilweisen Schulbesuch zu schaffen oder Kinderarbeit komplett zu verhindern. Erstmals erfolgte die Simulation der Vereinten Nationen des HAUS RISSEN vollständig digital. In einer eigens anberaumten Fortbildung zur digitalen Umsetzung von Bildungsformaten lernten die bildungspolitischen Referent:innen tolle neue Tools kennen – wer wollte nicht schon immer mal Merkmale der Präsenz wie das Umherwandern in einem Raum und die spontane Beteiligung an bereits laufenden Gesprächen auch digital abbilden können? Und während noch anfängliche Hemmschwellen abgebaut wurden, setzte sich die erste hoffnungsvolle Botschaft durch: Digitale Bildung funktioniert in Teilen anders als Präsenzangebote, kann aber genauso abwechslungsreich, spannend und lehrreich gestaltet werden. Ruhe und Gelassenheit sowie ein offener Umgang mit eigenem (technischem) Unwissen, und schon lassen sich die meisten Situationen mit der Gruppe gemeinsam kompetent lösen.
Neben dem Reinschnuppern in unterschiedliche Tools stand der gegenseitige Austausch über geplante digitale Angebote und die Arbeit an konkreten Herausforderungen für die Umsetzung im Mittelpunkt. Schließlich konnten wir aber auch viele methodische Tricks und Kniffe mitnehmen, die digitale Formate auflockern und das soziale Miteinander in Seminarsituationen auch abseits räumlicher Nähe stärken können.
Die neuen Erkenntnisse konnten für das Projekt SVeN – Simulation der Vereinten Nationen – nur wenig später das erste Mal in der Praxis angewendet werden. Während sich normalerweise die Rissener Räumlichkeiten mit Stimmengewirr, schulübergreifender Nervosität und diplomatisch schick gekleideten Jugendlichen füllen, hinterließ dieser Durchgang neue Eindrücke. Die Teilnehmenden nahmen einzeln oder in kleinen Gruppen von zu Hause oder aus der Schule heraus an Videokonferenzen teil, verhandelten in Breakout Rooms miteinander und arbeiteten online kollaborativ an Textdokumenten. Trotz der ungewöhnlichen Bedingungen war die Vielstimmigkeit der Vereinten Nationen zu spüren, die trotz der sehr unterschiedlichen Interessen ihrer Mitgliedsstaaten immer wieder Dialog und Zusammenarbeit ermöglichen.
Der reibungslose Ablauf ist auch auf die Umsetzung einiger Ratschläge während der durch die Claussen-Simon-Stiftung finanzierten Fortbildung zurückzuführen: Die beiden Sitzungsleitungen teilten sich die Aufgaben auf, sodass eine Person die Moderation der Debatten übernahm und die zweite für alle technischen Belange und das Verfolgen des Chats zuständig war. Mittels von den Jugendlichen liebevoll eingerichteter Landesflaggen als Hintergrundbilder konnte die besondere Atmosphäre einer UN-Simulation auch im digitalen Format zur Geltung kommen. Für die Vorbereitung stellte HAUS RISSEN eine umfangreiche Materialkiste zur Verfügung, die es Lehrkräften ermöglicht, ihren Schüler:innen alle notwendigen Informationen und Fähigkeiten zu vermitteln. Das Projekt SVeN steht unter der Schirmherrschaft der zweiten Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke Katharina Fegebank.
Stets unter Wahrung des diplomatischen Tonfalls übten sich die Jugendlichen in der Übernahme der Perspektive ihrer jeweiligen Länder und setzten sich aktiv mit abweichenden Meinungen auseinander. Ihre Aufgabe war es, das ihnen zugeteilte Land so realitätsnah wie möglich zu vertreten. Auf diese Weise befähigt SVeN die Jugendlichen zur Teilhabe am demokratischen Meinungsaustausch. Die Erfahrung, auch vor bis dahin fremden Personen für Interessen einzustehen und Reden vor einer Gruppe zu halten, stärkte das Selbstbewusstsein der Jugendlichen.
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